Ich habe dieses Stück Stoff auf dem Dachboden meiner Oma gefunden – was ist das?

Auf den ersten Blick wirkt es einfach wie ein altes Stück Stoff. Vielleicht siehst du einige Buchstaben, Zahlen und einfache in Kreuzstich gestickte Motive. Die Farben sind manchmal etwas verblasst, und das Ganze hängt oft gerahmt an der Wand. Du fragst dich: Ist das Kunst? Ist es Handarbeit? Oder einfach eine Erinnerung an früher?

Vielleicht dachtest du, es sei ein Übungsläppchen fürs Nähen oder ein dekoratives Werk ohne große Bedeutung. Doch dieses bescheidene Tuch erzählt eigentlich eine viel größere Geschichte…

Die Antwort: Ein Mustertuch!

Ein Mustertuch war früher ein Übungsstück, auf dem (meist junge Mädchen) das Sticken lernten. Darauf setzten sie ihre ersten Stiche, übten das Alphabet, Zahlen und oft auch Zierbuchstaben, Bordüren und kleine Motive wie Vögel, Herzen oder Blumen. Der Name „Merklap“ kommt vom Wort „merken“ – ein Mustertuch war nämlich auch dazu gedacht zu lernen, wie man Kleidungsstücke mit Initialen oder Symbolen „markiert“.

Im 18. und 19. Jahrhundert war das Sticken eines Mustertuchs ein wichtiger Bestandteil der Erziehung, besonders für Mädchen aus der Mittel- und Oberschicht. Es galt als Beweis für ihre Fertigkeit, Geduld und Sorgfalt. Manche Mustertücher enthalten sogar Jahreszahlen oder den Namen der Herstellerin – eine Art Signatur aus der Vergangenheit.

Heute sind Mustertücher wertvolle historische Objekte und ein wunderschönes Stück Nostalgie, das uns etwas über die Rolle von Frauen, Handwerk und Bildung in früheren Zeiten erzählt. Dieses „alte Ding“ an der Wand? Das ist eigentlich ein kleines Museum für sich. 🪡📜