“Just Stop Oil”-Demonstrantin entdeckt, dass ihre Jacke aus Erdöl hergestellt ist

Es ist zu einem vertrauten Bild in den Nachrichten geworden: junge Aktivisten von Just Stop Oil, die mit orangefarbenen Warnwesten auf der Autobahn sitzen, den Verkehr aufhalten und schreien, dass die Welt aufhören müsse, Öl zu verwenden. Sie fordern einen sofortigen Stopp aller neuen Öl- und Gasprojekte. Ein nobles Anliegen, könnte man sagen – bis einer der Demonstrierenden etwas schmerzhaft klar wird.

Eine unangenehme Entdeckung

Während einer kürzlichen Aktion wurde eine der jungen Frauen von einem Passanten angesprochen, der sie fragte: „Weißt du eigentlich, woraus deine Jacke gemacht ist?“ Einen Moment lang schaute sie überrascht. „Aus recyceltem Material“, antwortete sie stolz. Doch als der Mann erklärte, dass nahezu alle synthetischen Textilien – von Polyester bis Nylon – aus Erdöl hergestellt werden, verstummte ihre Stimme. Ihre Regenjacke, ihre Schuhe und sogar ihre Brille erwiesen sich als Produkte des Materials, gegen das sie demonstrierte.

Es war ein unangenehmer Moment, der laut Augenzeugen sogar eine kurze Stille in der Protestgruppe verursachte. Denn es stimmt: Wir leben in einer Welt, die buchstäblich auf Öl schwimmt.

Die unverzichtbare Rolle von Öl in unserem Alltag

Die Botschaft von Just Stop Oil ist klar: Hört auf, fossile Brennstoffe zu fördern, um den Klimawandel zu stoppen. Was viele Menschen – einschließlich der Aktivisten selbst – jedoch vergessen, ist, dass Öl nicht nur zur Herstellung von Benzin und Diesel verwendet wird.

Öl ist die Grundlage zahlloser Produkte unseres täglichen Lebens: Kleidung, Telefone, Laptops, Brillen, Medikamente, Zahnpasta, Plastikverpackungen, Make-up und sogar bestimmter Lebensmittelzusatzstoffe. Ohne Öl käme die moderne Welt buchstäblich zum Stillstand.

Selbst die orangefarbenen Westen, die die Aktivisten tragen, bestehen aus Polyester, einer aus Erdöl gewonnenen Kunststofffaser. Ihre Banner? Oft auf Kunststoffgewebe bedruckt. Ihre Telefone, mit denen sie die Proteste filmen? Voll mit erdölbasierten Komponenten.

Ist das dann alles Heuchelei?

Es ist leicht, die Aktivisten auszulachen und sie als „heuchlerisch“ zu bezeichnen, doch die Wirklichkeit ist etwas nuancierter. Der Ruf, mit Öl aufzuhören, ist im Kern ein Ruf nach Veränderung – ein Verlangen nach einer saubereren Zukunft. Nur ist die Botschaft zu schlicht formuliert. Denn vollständig mit Öl aufzuhören ist derzeit schlicht unmöglich.

Wir können nicht von heute auf morgen zu einer Gesellschaft ohne Öl werden. Dafür ist unsere Infrastruktur zu abhängig von fossilen Rohstoffen. Es ist nicht nur der Treibstoff, der unsere Autos antreibt, sondern auch die Grundlage der Produkte, mit denen wir unsere Welt aufgebaut haben.

Die echte Herausforderung: weniger und sauberer

Was hingegen machbar ist, sagen Energieexpertinnen und -experten, ist weniger zu konsumieren und sauberere Produktion zu fördern. Das bedeutet, weniger zu verschwenden, weniger wegzuwerfen und sparsamer mit dem umzugehen, was wir haben. Und vor allem: Produktionsprozesse in Entwicklungsländern zu verbessern, wo oft die größte Umweltschädigung angerichtet wird.

In vielen armen Ländern werden Kunststoffe, Textilien und Brennstoffe noch immer auf extrem umweltschädliche Weise produziert. Dort lässt sich laut Fachleuten der größte Fortschritt erzielen. „Nicht, indem man sofort alles verbietet, sondern indem man es sauberer macht“, sagt ein Umweltforscher.

Idealisten mit einem Punkt, aber ohne Plan

Die Demonstrierenden von Just Stop Oil haben also durchaus einen Punkt: Wir müssen weg von unserer Abhängigkeit von fossiler Energie. Nur vergessen sie, dass Öl mehr ist als Treibstoff. Es ist das Rückgrat der modernen Welt – und das trennt man nicht einfach durch.

Solange es keine erschwinglichen, breit verfügbaren Alternativen für all diese Ölprodukte gibt, ist ein totaler Stopp nicht realistisch. Die Herausforderung besteht darin, klüger mit Öl umzugehen, nicht es radikal zu verbannen.

Was meint die Leserschaft?

Hat Just Stop Oil mit ihrem harten Vorgehen recht? Oder liegen sie daneben, wenn sie fordern, dass wir „sofort aufhören“ mit etwas, auf das wir noch nicht verzichten können?

Die Ironie der Demonstrantin mit ihrer Öljacke zeigt jedenfalls, wie kompliziert das Problem tatsächlich ist. Wir können den Hahn nicht einfach zudrehen – aber wir können lernen, weniger zu verschwenden, sauberer zu produzieren und fairer zu verteilen.